Tischler./.Hobbyisten

Hier könnt ihr "off topic" qautschen, bis die Späne rauchen...)
oldtimer
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Tischler./.Hobbyisten

Beitragvon oldtimer » Fr 23. Sep 2016, 18:52

Hallo,

in anderen Foren wird oft deutlich herausgekehrt, dass ein schreibender Schreiner, ja sogar zusätzlich Tischlermeister ist, allein die heilsversprechenden Worte niederlegt. Qualifizierte Hobbyisten werden dann als Blogprofis verhöhnt, und in dieses Horn stoßen dann auch noch den Spannagel zitierende Besserwisser, die noch nie ein Stück Holz bearbeitet haben und somit auch noch nie ein Werkstück gezeigt haben.

Und auch hier erschien unterschwellig schon einmal der Hinweis auf das eventuelle Fehlen eines Schreinergurus.

Nun hat aber auch nur Deutschland innerhalb Europas diesen Meisterzwang, eine überholte Zunftordnung aus dem Mittelalter, die heute nur noch HWK und ebenso unnütze IHKs finanziert.

Da wir Appartements vermieten und dort auch Meisterschüler der hiesigen HWK gelegentlich wohnen, kommt es durch diese für mich zu interessanten Gesprächen.
Für jeden ist schlimm, dass er Sachen lernen muss, die er sofort wieder vergisst, zB Buchführung. In der Praxis kann sich auch niemand, der mit Erteilung des Titels sich selbständig macht damit beschäftigen. Der ist ja viel zu beschäftigt mit Akquise und Herstellung, der lagert doch sofort die Buchführung zum Steuerberater aus.

Und trotzdem hängt der so selig machende verehrungswürdige Titel von so etwas ab.

Zudem habe ich Meisterschüler kennen gelernt, die mit Handwerkszeug versiert umgehen können und andere die es nur mit Maschinen können, da ist der Rali-Hobel das höchste der Gefühle. Aber jeder hat Angst, dass ihn in der Prüfung das erwischt, was nur der andere kann, also Lotterie für jeden.

Dann ist die Bandbreite unwahrscheinlich vom Bau- und Möbelschreiner, vom industriellen Schreiner, über den Wohnmobilausbauer, bis zum Yachtausbauer, der auch viel mit Vakuum herstellt.

Nun sind hier viele Hobbyisten vereint, die dieses Hobby aber praktisch leben.

Michael Hild hat 2010 mit diesem Hobby mit einfachen Mitteln begonnen. Ungefähr seit diesem Jahr tausche ich mich gerne mit ihm aus. Er hat sich stetig weiter entwickelt und interessiert sich aber auch für die reine Technik. Benötige ich eine neue Maschine, oder einen Bohrer frage ich ihn.
Er weiß es und ich habe keine Lust mich einzulesen. Dabei ist er auch nicht auf seine bevorzugte Marke fixiert, er ist da einfach offen und tolerant.
Also hier einmal ein Beispiel von definitivem Gewinn für mich durch eine Forenbekanntschaft.

Beispiel Werkstätten: Lassen wir einmal Lothars Holzwurmstudio aussen vor, das unbestreitbar schön ist, so hat mich doch in den letzten Wochen Joachim fasziniert, besonders mit der Lösung der Verrohrung. Ohne jetzt eine weitere Aufzählung zu machen, die Entwicklungen einiger Hobbywerkstätten fasziniert mich.

Ich bin jetzt der Typ für den das fertige Möbelstück wichtig ist, eine schöne Werkstatt war für mich immer untergeordnet. Ich liebe es aber sie zu sehen.

Mich fasziniert aber auch eine einfache Herangehensweise an Werkstücke.
Darüber habe ich gerade im Zusammenhang mit Thomas Sägenthema nachgedacht. Vielleicht reicht manchmal eine einfache HKS am Richtscheit aus,
warum soll ein Korpus nicht verspaxt werden, wenn Lamellofräse und lange Zwingen nicht vorhanden sind? Geht doch auch. sauber vorgebohrt, Schraubenlöcher gesenkt, Schrauben setzen und anschließend sauber verspachteln und schleifen.

Und dann verabschieden wir uns einmal von jeglicher Schreinerromantik, wer 100 Hobel braucht, mag sie sammeln und sich daran erfreuen,
ein Möbelstück damit herzustellen dauert lange. Aber auch diese eingeschworene Gemeinschaft hat ihren Reiz.

Also wieder zurück zum Hobbyisten, sich ans Stück herantrauen, egal wie wenig Geräte vorhanden sind, hier vorstellen, Hilfe und Rat kommt immer,
sollten grobe Schnitzer entstehen, Warnungen werden kommen, hier sind Elektriker, Schreiner etc.

Wie seht ihr meine Ansichten nach drei Monaten Holzwurmtreff?

Gruß

PS. Sorry für den langen Beitrag, aber ist ja der Stammtisch

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Klaus
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Re: Tischler./.Hobbyisten

Beitragvon Klaus » Fr 23. Sep 2016, 20:20

Hallo Volker,

bin mir jetzt nicht ganz sicher, was mir Deine vielen Worte sagen wollen. Die gleiche Thematik hab ich im DSLR-Forum auch schon immer gehabt, wer ist Profi (und was zeichnet einen solchen aus) und was hat er dem Amateur vorraus.

Die Meisterschule befähigt IMHO zur Führung eines Betriebes, dazu gehört mehr als nur ein Stück Holz gut bearbeiten zu können. Als ich meine kaufmännische Ausbildung gemacht hab, war Buchführung auch ein Horrorthema. Lange Zeit danach als Selbständiger war ich aber sehr froh dran und auch heute als IT Manager ist das KnowHow Gold wert. Was lernt man nicht alles im Leben vermeintlich umsonst oder vergebens und ist irgendwann doch froh mal was davon gehört zu haben. Erst zuletzt bei der Projektleiterprüfung war auch wieder viel Stoff dabei, der halt gepaukt werden muss. Wenn ich einen Titel führen will, muss ich auch die entsprechende Qualifikation nachweisen!

Den bisherige Umgang in diesem Forum empfinde ich als ausgesprochen kooperativ und freundlich gerade uns Noobs gegenüber. Und wenn einer Kritik übt, der's wissen muss (oder sollte), dann empfinde ich das als hilfreich. Gerade den Gegensatz, den Du im ersten Absatz überspitzt darstellst, den gibt's hier nicht. Wenn ich als eher Maschinentyp sehe, was der Hobelfreak mit seinen hundert Hobeln zaubert kann ich nur vor Erfurcht erstarren. Und vielleicht mal probieren, ob ich nicht das eine oder andere von ihm lernen kann. Genau deshalb bin ich fast jeden Abend hier und lese und lerne.

Dafür meinen herzlichen Dank an alle, die Profession ist mir zumindest egal :)

Gruss, Klaus

Lars
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Re: Tischler./.Hobbyisten

Beitragvon Lars » Di 27. Sep 2016, 08:44

Hallo Volker,
Ich gebe dir nur zu teilen Recht. Klar kann jeder irgendwie ein Brett mehr oder weniger sägen, aber nur das handwerkliche Geschick macht hier nicht den unterschied. Diese Titel bescheinigen ja eigentlich nur, dass du in der Lage bist in einer gewissen Zeit ein bestimmtes Maß an Wissen zu erlernen. Ob man es später braucht sei dahin gestellt. Ich habe den Meister, sowie Techniker im Bereich Elektrotechnik (und fühle mich keines Wegs von dir angegriffen!). Buchhaltung gehört zum Meister dazu. Kein schönes Thema für jemanden, der ja bewusst etwas praktisches ausübt, aber doch extrem wichtig. Du gibst es an den Fachmann ab, richtig... du solltest aber in der Lage sein Fehler zu bemerken. Dazu muss man es mal gemacht haben. Zur Buchführung gehört auch das Thema Angebot. Wie errechnen sich Maschinensätze etc. Daraus resultiert dein Angebot und ohne ein Grundverständnis der Buchführung wüsste ich nicht wie du einen Betrieb wirtschaftlich führen willst, wenn du die Wirtschaftlichkeit nicht selbst zumindest überschlägig selbst ermitteln kannst?
Und ja auch ich hasse sie, die Buchführung :D
Warum der Meister oder sonstiger Abschluss wichtig ist, zeigt mir meine Erfahrung aus der Vergangenheit. Was habe ich nicht abenteuerliche Verkabelungen gesehen, bei denen schon ganze Leitungen ordentlich gekocht haben... da trennt sich der Fachmann vom Hobbyisten! Der Fachmann kennt die Gefahren, die dem Hobbyisten erst klar werden, wenn es ihm selbst passiert. Mir selbst vor kurzem erst passiert, als ich eine Fußleiste hochkant mit der Führungsschiene und der Tauchkreissäge schneiden wollte. Ging natürlich gehörig in die Hose, als mir die Säge entgegen kam. Zum Glück ging nur Werkzeug zu bruch. Das kann man neu kaufen. Hätte ich diese Problemstellung und meinen Lösungsansatz hier so dargestellt, wie es jetzt probierte, so denke ich hätte ein Fachmann sofort den Zeigefinger gehoben und aufgeklärt, was von dem Hobbyisten nicht zu erwarten ist.
Wo ich dir voll und ganz recht gebe, dass eine gesunde Mischung Gold wert ist. Hier im Forum haben wir eine recht gesunde Mischung. Das schöne, als Fachmann denkt man gerne in Schubladen. Sprich man kennt ein System, welches Geld kostet, der Hobbyist kennt eine Lösung welche kein Geld aber vielleicht etwas mehr Zeit beansprucht. Beiden kann man da keinen Vorwurf machen und so können beide voneinander lernen. Klassisch Win win!

Damit wir uns nichts liegt mir ferner als überteuerte Weiterbildungen unberechtigt zu verteidigen. Mir wäre es einfacher und vor allem günstiger auch lieber gewesen (beide Weiterbildungen in Summe inkl. Arbeitsausfall liegen schön gerechnet bei ca 100000€), aber unter dem Strich bin ich froh, dass nicht jeder Hirnamputierte los darf und in der Elektrotechnik rumpfuschen.

Ich muss dir leider auch bestätigen, dass viele mit einem Meistertitel oder ähnlichem der Meinung sind, sie hätten die Weisheit mit dem Löffel gefressen und alles "unter ihrem Stand" ist der Pöbel und der hat bekannterweise immer unrecht. Dem ist aber eindeutig nicht so! Denn Viel zu oft hängen wir Fachleute gedanklich in angesprochenen Schublade an dem was wir kennen und neues kann da garnicht funktionieren....
Umso schöner, dass dieses Forum weitestgehend eines besseren belehrt.

Kritik an mich selbst: schon wieder ein Roman :roll:
Grüße Lars

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Re: Tischler./.Hobbyisten

Beitragvon michaelhild » Di 27. Sep 2016, 09:58

Wobei ich von so manchem Meister auch schon einiges auf Baustellen gesehen habe, das lässt einen strak die Haare zu Berge stehen.

Von daher sind nicht nur Hobbymenschen von so mancher sicherheitstechnischen "Unachtsamkeit" :) gefeit.
Grüße
Micha

Was man tut, kann man auch gleich richtig machen.
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Re: Tischler./.Hobbyisten

Beitragvon oldtimer » Di 27. Sep 2016, 10:06

Hallo,

bitte nicht falsch verstehen, ich bin durchaus für gesonderte Berechtigung für gewisse Arbeiten, aber gegen diese hergebrachten Pfründe aus dem Mittelalter.


Auch in Südeuropa benötigte man für gewisse Arbeiten gesonderte Lizenzen. Dies berichten mir immer wieder dort lebende Freunde.

Ich bin nur gegen manchen Irrsinn, Fenstermontage unterliegt nicht dem Meisterzwang, aber das Zuschneiden eventuell benötigter Leisten.

Gruß

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Re: Tischler./.Hobbyisten

Beitragvon Lars » Di 27. Sep 2016, 10:59

Michael, was des Meisters Hand nicht verziert, wird mit Silikon verschmiert :D
Klar gibt's da auch schwarze Schaafe, aber unterm Strich versteht ein Meister schon was von seinem Fach. Und Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel... auch ich bekomme heute hier und da noch eine geschmiert, weil ich die Sicherheitsregeln nicht beachtet habe und unter Spannung arbeite... jedesmal aufs neue sage ich mir, das sollte man nicht machen und doch mache ich es aus Faulheit immer wieder. Eine wirklich schlimme Angewohnheit von mir! Ich rate ausdrücklich davon ab!

@ Volker :
Die Institution HWK ist schon sehr wichtig, da sie viele wichtigen Aufgaben in der Ausbildung übernimmt. Daher auch der hohe Stellenwert des Meisters. Natürlich sind manche Sachen einfach völlig überzogen, wie das Beispiel der Glasleiste, aber das ist nunmal Deutschland... solche Beispiele finden wir da überall in allen Bereichen und Lebenslagen.
Und nur weil alt hergebracht ist es nicht unbedingt schlecht. Schauen wir uns mal den Mist mit dem Studium an... wir hatten ein hoch angesehenen Dipl Ing und wechselten auf einen Bachelor, mit dem heute keiner was anfangen kann (zumindest in den technischen Bereichen ). Das hat man sich in Übersee abgeschaut und kaum hier eingeführt wurde es Übersee wieder abgeschafft... nur weil neu ist es nicht unbedingt besser!
Grüße Lars


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