Noch eine Verleimhilfe

Vorrichtungsbau u. sonstige Hilfsmittel
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Heike
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Noch eine Verleimhilfe

Beitragvon Heike » Fr 29. Dez 2017, 07:24

Hallo!

Wenn ich Korpusse baue, verbinde ich die Seiten meistens mit Runddübeln. Dann sitzen die Ecken zwar schön sauber aufeinander, aber die Flächen richten sich nicht automatisch im rechten Winkel zueinander aus. Bislang habe ich dann die Diagonalen zwischen den gegenüberliegenden Ecken gemessen und, wenn die nicht gleich lang waren, die Zwingen so lange versetzt, bis es stimmte. Das fand ich aber immer etwas fummelig und auf Anhieb bekomme ich es nie passend hin. Meistens reicht noch nicht mal eine Korrektur, sondern ich brauche derer mehrere. Das artet bei mir regelmäßig in Stress aus.

In dem Buch „Werkstatthilfen selber bauen“ von Sandor Nagyszalanczy fand ich kürzlich den Tipp, zum rechtwinkligen Ausrichten der Seiten Brettchen zu benutzen, in die im rechten Winkel Nuten in Plattenstärke gefräst sind und die man einfach auf die Ecken aufsteckt. Die Korpus-Platten werden dann durch die Nuten in den rechten Winkel gebracht. Das habe ich ausprobiert und es funktioniert prima. Auf dem folgenden Bild sieht man hinten rechts die Dübelverbindung, hinten links eine nach außen abkippende Traverse, vorne links eine nach innen abkippende und vorne rechts eine mithilfe eines rechtwinklig genuteten Brettchens rechtwinklig stehende Traverse.
Bild1.jpg

Herstellen lassen diese Verleimhilfen sich ganz einfach, unter anderem so:
Man nehme ein rechteckiges Brett. Dahinein fräse man ringsum parallel zum Rand Nuten, die so breit sind wie die zu verleimenden Bretter dick. Besonders tief brauchen die nicht zu sein; einige Millimeter genügen:
Bild2.jpg

Ich habe das mit der handgeführten Oberfräse und einem Parallelanschlag gemacht und am Anfang der Nut jeweils etwas Material stehen gelassen, damit beim Fräsen kein Dreck durch eine frisch entstandene Nutöffnung rauspusten kann. Dass es an den Ecken unsauber aussieht, macht nichts, denn die Ecken kommen eh ab, damit das Brettchen später nicht durch etwaig austretenden Leim versehentlich mit angeleimt wird und weil man dann die Zwingen leichter ansetzen kann.
Da das Brett rechtwinklig ist, stehen die so produzierten Nuten auch im rechten Winkel zueinander.
Dann säge man die Ecken ab und das Brett in vier Teile:
Bild3.jpg

Eigentlich reicht zum Ausrichten ein einziges dieser Brettchen. Wenn einer der Winkel im Viereck ein rechter ist und die gegenüberliegenden Seiten jeweils genau gleich lang sind, werden die anderen Winkel ja automatisch auch zu rechten Winkeln. Trotzdem finde ich es angenehmer, auf alle vier Ecken solche Ausrichthilfen zu stecken, weil ich dann die Zwingen einfach auf diese Brettchen legen kann, ohne groß mit ihnen hantieren und balancieren zu müssen:
Bild4.jpg

Das Zusammenleimen wurde durch die Brettchen sehr bequem. Korpus auf den Rücken legen, an der Vorderseite die Brettchen aufstecken, Zwingen drauflegen, Spannbacken runterhängen lassen, Zwingen anziehen, Korpus auf den Bauch drehen, Prozedur an der Rückseite wiederholen. Passt ganz ohne Hektik und Stress.

Den Vorteil dieser Verleimhilfen sehe ich vor allem darin, dass sie keine zusätzlichen Zwingen zum Befestigen benötigen. Das spart beim Verleimen nicht nur Zeit, sondern macht die Sache auch recht übersichtlich. Außerdem nehmen sie beim Lagern wenig Platz weg.
Nachteil ist, dass sie nur für eine bestimmte Plattenstärke passen. Und sie taugen nur zum Ausrichten. Sie halten die Seiten nicht zusammen.

Etwas Sorge habe ich noch, ob man sich nicht beim Aufstecken der Brettchen die Kanten des Korpus zerkratzt. Bei dem Multiplex-Material, das ich verarbeitet habe, ist das nicht passiert. Aber vielleicht wäre es besser, die Brettchen aus einem weicheren Holz oder MDF herzustellen. Vielleicht hat jemand von Euch damit schon Erfahrung?

Viele Grüße
Heike
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Zwackelmann
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Re: Noch eine Verleimhilfe

Beitragvon Zwackelmann » Fr 29. Dez 2017, 08:03

Moin Heike,

schön mal wieder ein Lebenszeichen von dir zu lesen. ;)
Verleimhilfen habe ich bereits X-Fach auf YT gesehen,
diese Version kannte ich bis dato noch nicht.

Für einen einzelnen Kasten lohnt der Aufwand sicher nicht.
Für einen ganzen Schrank wie Jana ihn grade baut, macht das sicher Sinn.

Auch das die Helfer keinen weiteren Zwingen benötigen finde ich klasse,
nicht jeder hat eine ganzen Schrank voll mit den Dingern zur Verfügung!

Danke fürs zeigen!!!

LG Dirk

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Re: Noch eine Verleimhilfe

Beitragvon RudiHB » Fr 29. Dez 2017, 08:49

Guten Morgen Heike,

eine sehr interessante Variante einer Verleimhilfe. Und für die Standardbreite (19mm) einwandfrei. Wer andere Breiten mehr als einmal benutzt, wird sich auch diese herstellen. Perfekt, vielen Dank für das Zeigen!
Viele Grüße
Rudi
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Ich hab schon ganz andere Sachen in den Sand gesetzt...

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Klaus
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Re: Noch eine Verleimhilfe

Beitragvon Klaus » Fr 29. Dez 2017, 11:25

Hallo Heike,

schön, mal wieder was von Dir zu hören :)

Und dann gleich ncoh ein recht interessantes Helferlein um den Verleimstress zu senken. Die Teile wird man sich wahrscheinlich für jedes Projekt neu machen müssen, weil die Toleranzen beim Holz ja doch recht beträchtlich sein können. Aber wie Dirk schon sagt, das kann sich bei umfangreicheren Arbeiten durchaus lohnen. Selbst wenn man 72+1 Zwingen sein eigen nennt kann man (bzw. frau) die Arbeit ja einfach halten.

Gruss, Klaus

Naagg
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Re: Noch eine Verleimhilfe

Beitragvon Naagg » Fr 29. Dez 2017, 11:39

Schaut mal hier https://www.youtube.com/watch?v=8XbzeMUpbV8 so ähnlich und einstellbar.

Grüße Axel

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Re: Noch eine Verleimhilfe

Beitragvon Mario » Fr 29. Dez 2017, 15:20

Hallo Heike
Die Dinger sind an sich bestimmt recht praktisch, ich sehe aber auch das Problem mit den Materialstärken. Ich meine damit vor allem die unterschiedliche Materialstärke selbst bei ein und demselben Werkstück. Das hatte ich auch schon, macht sich aber meist erst bei recht langen Werkstücken bemerkbar.
Wenn die Platte ein wenig Untermaß zur Verleimhilfe hat, wird das wohl nicht so viel ausmachen. Muss man halt immer nach außen drücken. Wenn aber das Werkstück stärker ist, naja, mehr brauch ich wohl nicht sagen. Also muss folglich die größte Plattenstärke ermittelt werden und halt danach gefräst werden.
Zum Thema Zerkratzen, das könnte ich mir bei dem Material auch vorstellen.
Wenn ich das richtig sehe, ist das beschichtete Spanplatte, oder!? Da denke ich wird das vielleicht auch relativ leicht ausbrechen oder bei der Stärke der Außenwandungen sogar wegbrechen, könnte ich mir jedenfalls vorstellen.

Grüße, Mario!

OliverK

Re: Noch eine Verleimhilfe

Beitragvon OliverK » Fr 29. Dez 2017, 21:46

Hallo Heike,
Sehr schön, mal wieder von Dir zu lesen!
Deinen Stress beim Verleimen kann ich nur allzu gut nachvollziehen - ich schwitze auch jedes mal Blut und Wasser...
Alle Lösungsansätze zu dem Thema haben einige Vor- und viele Nachteile oder sind unbezahlbar.
Diese Lösung hier ist sehr preiswert, aber arbeitsintensiv, da man häufig neue Schablonen machen muss.
Ich nehme häufig 4 rechtwinklige 4 cm dicke Holzreste, die mit Schraubzwingen in die Ecken gespannt werden.
Ansonsten haben sich bei mir diese Maßnahmen bewährt:
- eine Hilfsperson einbinden (das sind dann schon mal 4 Hände!)
- Probeaufbau ohne Leim machen (Kontrolle wie es geht und ob alles passt - und die zuvor ahnungslose Hilfsperson hat schon mal ein Bild, wie es nachher aussehen soll)
- Einhand-Zwingen zusätzlich zum Fixieren benutzen. Die sind relativ preiswert in den langen Ausführungen und können von 1-2 Händen betätigt werden, wo man sonst 3-4 Hände bräuchte - und 1,20 lange Arme ;-)
- gegen eine rechtwinklige Referenz (z.B. Werktisch) spannen
- oder die Ikea-Lösung: eine rechtwinklige Rückwand einfalzen, die ist für den Korpus dann eine Zwangsführung

Selbst wenn alles optimal klappt bin ich bei größeren Projekten regelmäßig über die "offene Zeit" des Leims. Also beim Leim nicht versuchen, die letzten 6 Euro pro Jahr zu sparen, sondern einfach das Produkt nehmen, dann von den Eigenschaften am besten passt.

Viele Grüße
Oliver

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Mandalo
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Re: Noch eine Verleimhilfe

Beitragvon Mandalo » Sa 30. Dez 2017, 08:34

Klasse Tipp und super dargestellt! Dankeschön dafür!
Mit nichts ist man großzügiger als mit gutem Rat!
Es grüßt euch Dieter

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Re: Noch eine Verleimhilfe

Beitragvon Heike » So 31. Dez 2017, 08:07

Hallo zusammen,

vielen Dank für die netten Kommentare!

Wie das langfristig funktioniert und ob ich die Dinger für das nächste Projekt wieder verwenden kann, weiß ich noch nicht. Konkret habe ich sie jetzt beim Bau von Werkstattmöbeln aus 18 mm Birke Multiplex benutzt. Ich habe insgesamt sechs Platten verarbeitet. Signifikante Unterschiede in der Materialstärke habe ich bei diesen Platten nicht bemerkt. Aber es kann natürlich sein, dass eine nächste Lieferung anders ausfällt. Aus den Platten sind elf Korpusse geworden. Die ersten noch mit der klassischen Diagonalen-Vergleichen-Methode. Nach dem vierten oder fünften und einem wenig damenhaften Tobsuchtsanfall habe ich dann beschlossen, es mal mit diesen Verleimhilfen zu versuchen. Die wollte ich schon seit längerem ausprobieren, hatte bis dahin aber immer den Aufwand gescheut und auch keinen konkreten Anlass. Nun habe ich mich endlich aufgerafft. Die Brettchen waren überraschend schnell hergestellt. Ich habe allerdings nicht auf die Uhr geschaut. Gefühlt ging es fix, wobei ich ja noch ein paar Fotos gemacht habe.
Sie haben die restlichen Korpusse überstanden.

Ja, Mario, Du siehst das richtig, das ist beschichtete Spanplatte. Das Stück stammt von ausrangierten Büromöbeln. Bei uns im Büro wurden neulich einige neue Schreibtische geliefert; da habe ich mit (Mandalo-)Dieters schönen Scheunenwerkstatt-Möbeln im Hinterkopf die Gelegenheit genutzt und die alten vom Sperrmüll gerettet. Ich habe beschichtete Spanplatte genommen, weil ich mir bei diesem Material einen guten Kontrast auf den Fotos versprochen habe – die Nut sticht ja deutlich gegen die Oberfläche ab. Dass die Brettchen mehrere Leimvorgänge schadlos überstanden haben, hat mich selber gewundert. Beschichtete Spanplatte ist bestimmt nicht das ideale Material für diese Brettchen. Das war jetzt nur dem Holzwurmtreff und meinem Wunsch, aussagekräftige Fotos zu produzieren, geschuldet.

Ja, Oliver, eine Hilfsperson wäre nicht schlecht. Aber mein Mann hat partout keine Lust. In Studienzeiten hat er uns massenhaft Schränke gebaut. Seitdem ist er zu handwerklichen Arbeiten kaum noch zu überreden. Ich versuche deshalb, ihn nur in äußersten Notfällen um Hilfe zu bitten. Wenn ich ihm mit einem knappen Dutzend Korpussen käme, reicht der glatt die Scheidung ein. Das möchte ich auf keinen Fall riskieren. Den besten aller Ehemänner will ich nicht verlieren. Und nicht nur, weil er nie Einwände hat, wenn ich neue Spielz... – äh – Werkzeuge anschaffen will.
Reicht bei Dir das Einfalzen einer Rückwand? Bei tieferen Schränken kriege ich auch bei eingefalzter oder eingenuteter Rückwand keine ordentlichen Quader hin. An der Rückseite bildet der Korpus dann zwar ein Rechteck, aber irgendwie schaffen es die Bretter, sich so zu verwinden, dass an der Vorderseite eher eine Raute entsteht. Da fand ich die Brettchen ganz hilfreich.
Aber Einhandzwingen sollte ich mir mal ein paar mehr zulegen.

Und an alle: Tut mir leid, dass ich so selten etwas von mir hören lasse. Aber ich bin überwiegend mit anderen als Holzwerken-Aufgaben beschäftigt und die wenigen Holzwerken-Arbeiten sind so uninteressant, dass sie keinen Bericht lohnen, weshalb ich nur zum Mitlesen komme. Das mache ich aber immer sehr gerne!

Viele Grüße und einen guten Rutsch ins Neue Jahr
Heike

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Zwackelmann
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Re: Noch eine Verleimhilfe

Beitragvon Zwackelmann » So 31. Dez 2017, 08:48

Heike hat geschrieben:......... Konkret habe ich sie jetzt beim Bau von Werkstattmöbeln aus 18 mm Birke Multiplex benutzt.......
.................. Aus den Platten sind elf Korpusse geworden...................die wenigen Holzwerken-Arbeiten sind so uninteressant, dass sie keinen Bericht lohnen,........
Viele Grüße und einen guten Rutsch ins Neue Jahr
Heike



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*Mit dem Zaunpfahl kräftig winkend* :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen:


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