Ein Reiseschreibtisch

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Mario
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Re: Ein Reiseschreibtisch

Beitragvon Mario » Mo 26. Sep 2022, 22:42

Zwackelmann hat geschrieben:Ist die Styrodurplatte lose eingelegt oder auch mit Holzleim geklebt.
Oder wäre / ist hier ein Polymerkleber hier die bessere Wahl?

LG Dirk


Moin
Ich glaube kaum, dass da was mit Holzleim zu machen ist, da gibt es auf jeden Fall extra Kleber für!

Grüße Mario

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Zwackelmann
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Re: Ein Reiseschreibtisch

Beitragvon Zwackelmann » Di 27. Sep 2022, 19:37

Hi Mario,

das sehe ich auch so.
Dann benötigt man aber zusätzlichen Platz für den Kleber der Styrodurplatte,
da dieser dann flächig mit einer feinen Zahnspachtel aufgetragen werden muss.

Daher die Frage ob die Rahmenhölzer etwas höher sind als die Styrodurplatte.

LG Dirk

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Heike
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Re: Ein Reiseschreibtisch

Beitragvon Heike » Di 4. Okt 2022, 17:32

Hallo Dirk, Volker und alle anderen,

hier kommen jetzt die Bilder nebst Erklärungen zu den Leichtbauplatten. Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat – ich hatte gar kein Material mehr im Hause und musste erst etwas besorgen.

Ich fange mal mit der Theorie an. Dass das funktioniert, erkläre ich mir so (meine Erklärung mag aber Quatsch sein, was jetzt kommt, ist „Heikes Küchen-Physik“; vielleicht ist hier ein Statiker unterwegs, der möge mich bitte korrigieren):
Wenn man ein Gewicht auf die Mitte der Sandwich-Platte legt, dann möchte sie sich nach unten biegen. Da die beiden Außenplatten miteinander verbunden sind, müsste die untere dafür größer werden, wie hier auf der Skizze zu sehen.
105 (600x298).jpg

Dagegen sperrt sich aber die untere Platte, denn die ist ja nur genauso groß wie die obere und sie kann an den Seiten nicht wegrutschen, weil sie fixiert ist. Sie kann sich gar nicht so ausdehnen, wie sie eigentlich müsste, wenn die obere Platte sich so biegen würde, wie sie es tun würde, wenn sie alleine dastünde. Dadurch hält dann die ganze Platte viel mehr Gewicht als eine Platte von doppelter Außenplattenstärke könnte. Je größer der Abstand zwischen den beiden äußeren Platten ist, desto mehr wirkt sich das aus.
Das setzt allerdings voraus, dass sich der Druck der oberen Platte auf die untere übertragen kann. Wenn zwischen den Platten nur Luft wäre, ginge das nicht. Die seitlichen Holzleisten sind eigentlich gar nicht erforderlich, wichtig ist nur, dass die beiden äußeren dünnen Platten so miteinander verbunden sind, dass sie sich nicht gegeneinander verschieben können. Es würde genügen, die Platten ohne Holzrahmen mit dem Füllstoff zu verkleben. Es würde auch genügen, den Füllstoff in den äußeren Holzrahmen nur einzulegen. Hauptsache, er kann nicht weg.
Dazu habe ich noch keine Fotos, ich arbeite aber daran.

Jetzt zum Praktischen:

Die äußeren Platten wähle ich etwas größer, als die fertige Platte nachher sein soll. Den Zuschnitt aufs benötigte Maß mache ich erst, wenn die Platte fertig verklebt ist.
Zuerst leime ich den Rahmen auf eine Seitenplatte. Hier habe ich mir dieses Mal Mühe gegeben, die Ecken auf Gehrung geschnitten und darauf geachtet, dass sie auch richtig schließen. Funktionieren tut es aber auch mit Lücken im Rahmen. Hauptsache, der Rahmen ist an allen Stellen gleich hoch.
Beim Schreiben stelle ich gerade fest, dass ich vergessen habe, hier ein Foto zu machen. Aber das könnt Ihr Euch sicher vorstellen – dünne Platte mit aufgeleimtem Rahmen ringsum.

Den Rahmen mache ich normalerweise einen Tick höher als die Styrodurplatte. In Bruchteilen von Millimetern habe ich das noch nie gemessen, das mache ich nach Gefühl: Wenn man beide nebeneinander legt, spürt man einen kleinen Übergang, wenn man mit dem Finger drüberfährt.
Falls ich später noch etwas in die Platten einarbeiten möchte, leime ich an den Stellen ebenfalls Holz ein. Trocken zusammengelegt kann das dann so aussehen:
115 (600x377).jpg

Dann klebe die Styrodurplatten ein, und zwar mit einem speziell für Polystyrol geeigneten Kleber, der mir im Fachgeschäft empfohlen wurde:
120 (302x600).jpg

Druck beim Verkleben baue ich einfach mit Zwingen auf.
Für den Druck in der Mitte habe ich ein paar Kaventsmänner:
125 (600x415).jpg

Die Platte setze ich zwischen zwei fast gleichgroße dicke Platten, um den Druck der Zwingen möglichst flächig zu verteilen. Dafür eignen sich übrigens die ausgedienten Schreibtischplatten aus dem Büro, die ich gestern in der Rubrik "zu verschenken" gepostet habe, hervorragend.
130 (600x450).jpg

Den Kleber spritze ich einfach nach Gefühl auf – er drückt sich ohnehin platt, viel falsch machen kann man da nicht.
135 (600x450).jpg

Einlagen rein, nächste Leim/Kleber-Schicht auftragen:
140 (600x450).jpg

Und dann natürlich die obere Platte auflegen. Da habe ich wieder vergessen, ein Foto zu machen.
Darauf dann die obere Druckverteilungs-Platte und das Ganze nach Kräften einzwingen:
145 (600x450).jpg
150 (600x450).jpg

Beim Einzwingen gehe ich so vor, dass ich zuerst an den vier Ecken relativ locker Zwingen ansetze, damit das Paket nicht verrutschen kann. Dann gehe ich von der Mitte aus und arbeite mich mit den Zwingen zu den Seiten hin.
Das lasse ich gerne über Nacht trocknen. Wenn man es eilig hat, kann man das – je nach Temperatur – auch schon nach einer halben bis ganzen Stunde wieder entzwingen.

An den Seiten tritt beim Pressen häufig Leim aus. Das macht aber nichts, denn den endgültigen Zuschnitt mache ich ja, wie oben erwähnt, erst jetzt.
155 (600x450).jpg


Dirk hatte ja die Frage aufgeworfen, ob ich den Holzrahmen so hoch mache wie die Styrodurplatte. Wie oben gesagt, ich mache ihn einen Tick höher. Aber es kommt nicht wirklich drauf an – ist der Rahmen mehr als einen Tick höher, gleicht der Schaum das nachher aus; ist das Styrodur höher, kann man es in den Rahmen zwingen. Das lässt sich durchaus ein wenig zusammendrücken:
160 (600x450).jpg

Aber übertreiben sollte man natürlich nicht, in der Fläche braucht man schon sehr viel Druck, um es runterzudrücken. Probeweise habe ich das mal mit diesem kleinen Stück gemacht, bei dem ich das Styrodur habe überstehen lassen:
165 (600x450).jpg

Da habe ich selbst bei diesem Mini-Stück sechs starke Zwingen benötigt, um das Styrodur in den Rahmen zu quetschen. Aber gehen tut es.
166 (600x450).jpg


Ich hoffe, ich konnte Eure Fragen beantworten.

Viele Grüße
Heike
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Re: Ein Reiseschreibtisch

Beitragvon Zwackelmann » Di 4. Okt 2022, 19:47

Hallo Heike,

vielen Dank für den ausführlichen und gut bebilderten Bericht.
Bin jetzt auch nicht der große Statiker, aber bei Deiner Küchen-Physik gehe koche ich mit. :lol:

Aktuell habe ich zwar keine Anwendung, habe mir Deine Anleitung mal kopiert. :roll:
Wer weiß wann ich das mal brauche.

Man muss ja nicht immer das Rad neu erfinden, wenn Frau das schon für einen gemacht hat. :D

LG Dirk

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Re: Ein Reiseschreibtisch

Beitragvon Achim » Di 4. Okt 2022, 20:41

Saubere Dokumentation Heike und auch noch mit Bildern anschaulich gemacht...von mir gibt's auf jeden Fall einen *Daumen hoch* für die Idee und die Ausführung :!:

Zur Statik kann man noch ergänzend sagen, dass die Sandwichplatte auf jeden Fall stabiler (hinsichtlich Durchbiegung) sein sollte als z.B. ein vergleichbares Vollholzmaterial, ähnlich verhält es sich bspw. auch bei einem Rohr, das deutlich stabiler ist als ein vergleichbares Vollmaterial, das hängt m.E. am Widerstandsmoment *klugscheiss aus* :mrgreen:
SAWDUST IS MAN GLITTER :)

Achims Holzbox

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Re: Ein Reiseschreibtisch

Beitragvon Klaus » Di 4. Okt 2022, 21:45

Moin Heike,

hab zwar aktuell keine Anwendung - aber vielen herzlichen Dank für den tollen Bericht. Sogar mit Physik :geek: unterlegt und die Bilder sprechen ja fast schon für sich :)

Gruss, Klaus

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Re: Ein Reiseschreibtisch

Beitragvon Sebastian » Mi 5. Okt 2022, 08:16

Hallo Heike,

tolle herangehensweise und sehr schön wie du das Dokumentiert hast. Der einzige Wehrmutstropfen ist, dass durch die Verwendung von Polystyrol und Polyurethan (Kleber) das ganze nicht mehr wirklich Nachhaltig ist. Alternativ gibt es ja auch Wabenstrukturen aus Kartonage. Diese sind sicherlich vergleichbar nutzbar.

Zur Physik, die hast du gut verbildlicht. Um das ganze Geräzel über was ist Stabiler, Vollmaterial oder Holmaterial, aufzulösen: Bei gleicher Materialstärke (z.B. beim Rundstab/Rohr der Außendurchmesser) ist immer das Vollmaterial stabiler. Wenn man die Querschnittfläche betrachtet, also das Materialgewicht, ist das Hohlmaterial immer im Vorteil.
Auf Sandwichbauweise bzw. Form und Materialmix ist diese Betrachtung allerdings nur bedingt anwendbar, da das Füllmaterial ja auch Eigenschaften mit einbringt. Der Klassiker, aber auch eine Extrembetrachtung, hier ist sicher Stahlbeton, bei dem Beton und Stahl fast fundamental gegensätzliche Eigenschaften in das System einbringen.
Einen Punkt muss ich hier dennoch in deiner, Heike, Erklärung kommentieren. Der vergleich deiner Bauweise mit dem Rahmen auf den, wie in der Skizze, die Platten verklebt sind und einem Sandwich ohne die Platten wäre ein Komplett anderes System, da die Kräfte aufnehmenden Elemente sich ja ändern. So wäre in deiner Bauweise ggf der Kern gar nicht notwendig, dieser hilft zusätzlich bei punktuellen Belastungen.
Das wäre alles vom Nerd in mir :ugeek: der wollte nur unterstreichen, dass ich es super finde wie viel Mühe du dir gemacht hast :D
live long and prosper
Sebastian

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Re: Ein Reiseschreibtisch

Beitragvon Heike » Mo 6. Feb 2023, 20:35

Kleines Update:
Vor dem letzten Einsatz habe ich die Kanten abgerundet, so ließen sich die Kisten deutlich angenehmer tragen.
P1080188 (2) (300x211).jpg

Außerdem habe ich einen Gurt als Tragehilfe genäht, damit kam ich gut die Treppen rauf und runter - jedenfalls mit der 20 kg schweren Kiste. Die andere, in die ich unter anderem Bücher und Akten gestopft hatte, wog über 40 kg und das war auch mit Tragegurt kein Vergnügen mehr.
P1080182 (2) (242x300).jpg

Im Auto war es mit den beiden Kisten - hier außen zu sehen - und einer Küchen- sowie einer Badezimmer-Kiste (auf die gehe ich demnächst noch ein) sehr aufgeräumt:
P1080184 (2) (300x230).jpg

Viele Grüße
Heike
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