Wohnwagenreparatur

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Heike
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Wohnwagenreparatur

Beitragvon Heike » So 20. Mai 2018, 23:32

Hallo zusammen!

Vorweg zur Warnung: Das hier wird kein Möbelbauprojekt. Es ist mehr als Lebenszeichen gedacht, damit Ihr nicht denkt, dass ich nur auf dem Sofa rumlümmel.

Eigentlich bin ich ja damit beschäftigt, unser Haus zu sanieren.
Jetzt musste ich mich aber erst einmal um unseren Wohnwagen kümmern. Wir haben vor knapp zehn Jahren einen kleinen gebrauchten Wohnwagen gekauft, der mittlerweile fast zwanzig Jahre alt ist und der im Herbst letzten Jahres nicht durch den TÜV gekommen ist. Der Prüfer hatte zwei Stellen im Boden zu bemängeln. An der Ecke vorne links beim Gaskasten war der Boden durchgegammelt. Das war mir bis dahin entgangen. Der Prüfer meinte zunächst, das sei ja nur die äußere Ecke, wenn sonst alles in Ordnung sei, solle es allein daran nicht scheitern. Dann gab es noch eine etwa 60 cm x 60 cm große Stelle im Wohnbereich kurz hinter dem Eingang, wo der Boden irgendwie wabbelig war. Das war schon so, als wir den Wohnwagen gekauft haben, und es wurde im Laufe der Jahre immer schlimmer. Zum Schluss fühlte es sich fast so an, als ob man auf einem Trampolin steht. Der Rest des Bodens war völlig in Ordnung, nur an dieser einen Stelle sackte man förmlich ein. Im letzten Jahr haben wir es dann ganz einfach vermieden, auf diese Stelle zu treten. Ich hatte die Stelle mit Klebeband gekennzeichnet und wir sind mit einem großen Schritt drüber hinweg gegangen. Das hat auch insofern geholfen, als es in der Zeit immerhin nicht noch schlimmer wurde. Wir konnten mit dieser pragmatischen Lösung ganz gut leben. Nur der TÜV-Prüfer konnte (oder wollte) das nicht. Der ist auf seinem Weg zum Gasherd das Betretungsverbot ignorierend prompt auf diese Stelle getreten und hat sie zum Anlass genommen, die Plakette zu versagen.
Was nun?

Vor drei Jahren hatten wir bei einer Wohnwagen-Werkstatt gefragt, ob eine Reparatur möglich sei. Uns wurde gesagt, das sei ein typisches Problem bei Wohnwagen, der Boden werde im Laufe der Zeit weich. Er bestehe aus zwei dünnen Holzplatten mit einer Lage Styropor dazwischen und das zerbrösele mit der Zeit. Man könne ihn an der Stelle von unten öffnen, die Styropor-Brösel herausholen, den Hohlraum ausschäumen und die Stelle dann von unten wieder verschließen. Vom Innenraum aus werde man dann nichts sehen. Das werde etwa 2.000 Euro kosten. Im Moment sei allerdings der Tischler krank und das Frühjahr sei ohnehin eine schlechte Zeit, da seien sie mit anderen Aufträgen ausgelastet, wir möchten im Herbst wiederkommen. Wir hatten nicht den Eindruck, dass sie auf diesen Auftrag wirklich scharf waren. Und „Ausschäumen“ klingt in meinen Ohren nicht besonders vertrauenserweckend. Deshalb waren wir nicht wirklich scharf darauf, den Auftrag zu erteilen.
Aber nun musste etwas geschehen.
Bin ich Hobby-Tischler? Ja!!! Traue ich mir das zu? Na klar!!! Also selber machen – zumal 2.000 Euro auch ein Wort ist und jetzt ja sogar zwei Stellen zu reparieren waren. Für 4.000 Euro könnte man eine Menge Werkzeug kaufen. Oder Wein. Oder sonstwas.

Dass die Reparatur etwas für unser Forum sein könnte, ist mir erst eingefallen, als ich schon fast fertig war. Deshalb habe ich leider nur wenige Fotos gemacht. Einige Bilder habe ich zum Veranschaulichen nachgestellt und bitte im Übrigen um Nachsicht wegen der Textlastigkeit dieses Beitrags.

Zuerst habe ich mir das „Trampolin“ vorgenommen.
Ich hatte im Internet recherchiert, dass der Boden bei einem Wohnwagen tatsächlich typischerweise als Sandwich aufgebaut ist mit zwei dünnen Holzplatten oben und unten und in der Mitte Styropor oder Styrodur, verstärkt durch ein Gerippe aus Leisten und alles miteinander verklebt. Darüber, in welchem Abstand voneinander die Leisten eingebaut sind, gingen die Darstellungen weit auseinander. Ebenso schwankten die Angaben über die Dicke der beiden äußeren Platten und der Leisten. Wie das bei unserem Wohnwagen ist? Ich hatte keine Ahnung und im Internet konnte ich auch nichts finden, was daran liegen mag, dass es sich um einen älteren englischen Wagen handelt (gebaut für den kontinentaleuropäischen Markt und gebraucht aus den Niederlanden importiert). Also musste ich einfach nachschauen. Von unten wollte ich nicht öffnen. Unter dem Wohnwagen zu liegen und nach oben hin zu arbeiten erschien mir zu mühsam. Dass man, wenn ich von oben öffne, im Innenraum auf dem Fußboden die Reparaturstelle sehen würde, störte uns nicht. Also habe ich zunächst vorsichtig ein Sackloch in den Boden gebohrt, um zu sehen, wie dick die obere Holzplatte ist. Es sah nach deutlich weniger als einem Zentimeter aus. Dann habe ich mit der Tauchsäge ein kleines Rechteck ausgeschnitten und dabei gehofft, keine Leiste anzusägen, sondern in einem Bereich zwischen den Leisten zu laden. Das ist mir auch geglückt. Nun konnte ich das ausgesägte Stück der oberen Platte einfach abheben. Es zeigte sich, dass die Holzplatte 5 mm dick war. Oben drauf klebt noch PVC als Bodenbelag.
1.jpg

Eigentlich hätte das Abnehmen Schwierigkeiten bereiten sollen, denn eigentlich hätte die Holzplatte ja mit dem Styrodur verklebt sein sollen. War sie aber nicht, sie lag nur lose auf. Es zeigte sich dann auch, dass wir Styrodur im Boden haben und nicht Styropor, und zwar 30 mm dick. Zerbröselt war da gar nichts. Rings um den Ausschnitt herum ließ sich die obere Platte anheben und war auch dort nicht mit dem Styrodur verklebt. Ob das schon die Erklärung für den Trampolin-Effekt war? Leisten waren durch die schmalen Spalte, die beim Anheben entstanden, nicht zu erspähen. Ich wollte mich bis an die Leisten heranarbeiten, um zu sehen, ob der Boden hinter den Leisten wieder fest ist. Also habe ich die Öffnung schrittweise vergrößert. Vorher hatte ich den Boden von unten abgestützt, damit ich nicht durchbreche.
Als die Öffnung etwa 30 cm x 30 cm groß war (Leisten waren immer noch nicht zu sehen), bin ich angefangen, das Styrodur herauszukratzen. Mit der unteren Holzplatte war es sehr gut verklebt. Ich konnte zwar Stücke vom Styrodur rausbrechen, aber unten musste ich richtig kratzen, um die Holzplatte freizulegen. Dann habe ich mit einer ganz dünnen Stricknadel horizontal in die Styrodur-Platte gestochen, um zu sehen, wie weit ich komme, und mich so Schritt für Schritt an die Leisten herangearbeitet.
2.jpg

An der einen Seite war das Styrodur kurz vor der Leiste (die befindet sich in der Höhe des Klebebandes) horizontal gerissen:
3.jpg

Als ich mich dort bis an die Leiste herangearbeitet hatte, konnte ich auch die Ursache des Übels erkennen. Genau unter der Leiste befand sich einen Stoß. Die dünnen Platten des Sandwiches bestehen jeweils nicht aus einem einzigen Stück (so klein ist der Wohnwagen dann auch wieder nicht, dass eine einzige Platte reichen würde), sondern sind aus mehreren Stücken zusammengesetzt. Hier war nun deutlich zu erkennen, dass an dieser Stelle die Platte überhaupt nicht mit der Leiste verklebt worden war. Es waren keine Kleberreste zu sehen und es gab auch keine Ausbrüche oder sonstige Hinweise darauf, dass diese beiden Teile jemals miteinander verklebt waren. Stattdessen war vom Unterbodenschutz etwas nach innen gezogen. Ganz offensichtlich war bei der Herstellung vergessen worden, hier Leim aufzutragen. Die Teile konnten sich deshalb durchbiegen und haben sich im Laufe der Zeit immer mehr gelöst. Die obere Platte klebte aber ringsum an den Leisten und dahinter war auch alles fest. Auch die untere Anschlussplatte war fest mit der Leiste verleimt.

Bevor ich mich an die Wiederherstellung machte, wollte ich erst einmal ein Gefühl dafür bekommen, wie stabil so eine Konstruktion ist. Deshalb habe ich ein Muster gebaut. Wie dick die untere Holzplatte ist, wusste ich immer noch nicht, deshalb habe ich vorsichtshalber die dünnste Platte genommen, die ich in meinem Restbestand hatte. Das war eine 1,5 mm dicke Flugzeugsperrholz-Platte. Ringsum eine 30 mm hohe Fichtenholz-Leiste aufgeleimt, die Mitte mit einer 30 mm dicken Styrodurplatte gefüllt und oben auf eine 4 mm dicke Pappel-Sperrholzplatte geklebt. Auf dem Bild liegt sie noch halb daneben, damit man den Aufbau erkennen kann:
4.jpg

Hier hat mir mein Mann geholfen und sein Gewicht zur Verfügung gestellt. Seine zwei Zentner haben der Sandwich-Platte kaum etwas ausgemacht – sie hat um ca einen Millimeter nachgegeben:
5.jpg

Ok, diese Konstruktion ist also ziemlich solide. Im Wohnwagen mit dickeren Platten oben und unten sollte das dann noch etwas stabiler sein.

Damit meine neue Deckplatte eine gute Auflage bekommt, habe ich ringsum an die vorhandenen Leisten weitere Leisten geleimt. Zwingen konnte ich ja nicht ansetzen, deshalb habe ich Gewichte drauf gestellt, um Anpressdruck zur Bodenplatte zu erzeugen, beziehungsweise zur Seite hin vorübergehend Schrauben eingedreht.
6.jpg

Vorsichtshalber habe ich auch noch zwei Querleisten eingezogen, die ich per Überblattung mit den äußeren Leisten verbunden habe. Dann dazwischen Styrodur und die Deckplatte draufgeklebt/-geleimt. Als Deckplatte habe ich eine 6,5 mm dicke Birke-Multiplexplatte genommen. Die schließt genau mit der Oberkante des alten PVC-Belages ab.
7.jpg

Fertig sieht es dann – die Fuge ringsum habe ich noch verfüllt – so aus:
8.jpg

Da biegt jetzt nichts mehr durch.

Damit war der erste Teil der Reparatur erledigt.

Fortsetzung folgt.

Viele Grüße
Heike
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seemann

Re: Wohnwagenreparatur

Beitragvon seemann » Mo 21. Mai 2018, 00:01

Hallo Heike,
gut geworden. Das sind ja schon mal schnell verdiente 2000 Euronen!

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Mario
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Re: Wohnwagenreparatur

Beitragvon Mario » Mo 21. Mai 2018, 00:45

Ooooh... Hallolo Heike
Damit hätte ich ja jetzt überhaupt nicht gerechnet, dass Du Dein zweites Hobby hier vorstellst. ;) :D
Ich finde auch, dass das was für`s Forum ist, auf alle Fälle!
Hmmm... das mit der Textlastigkeit hatte ich auch gleich im Sinn, als ich hier mal grob drüber gescrollt habe. :o :lol: Hatte gleich gedacht...man, wo nimmt die Heike bloß wieder so viele Buchstaben her...so viele gibt`s doch gar nich, und das auch noch in Worte gebunden?! :mrgreen:
Ich muss mir das mal noch in Ruhe reinziehen, kann mich grad nich so konzentrieren, wollte nämlich eigentlich woanders etwas ausführlicher
schreiben. :oops:

Viele Grüße und ein entspanntes Rest-Pfingsten,
Mario!

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Mandalo
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Re: Wohnwagenreparatur

Beitragvon Mandalo » Mo 21. Mai 2018, 01:14

Die Reparatur wirkt sauber und fachgerecht, ich denke dein TÜV-ler wird zufrieden sein. Gut gemacht!
Mit nichts ist man großzügiger als mit gutem Rat!
Es grüßt euch Dieter

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Heike
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Re: Wohnwagenreparatur

Beitragvon Heike » Mo 21. Mai 2018, 06:52

Hallo!

Danke für den Zuspruch!

@ Michael: Ganz so schnell ging es denn doch nicht. Aber es macht ja Spaß und irgendwie ist es auch ganz befriedigend, es hinbekommen zu haben.
@ Mario: Hatte Lothar nicht neulich geschrieben "haut rein"? Da meinte er doch bestimmt: "in die Tasten". Sein Wunsch ist mir Befehl!
@ Dieter: Vielleicht sollte ich das Ergebnis schon vorwegnehmen, damit niemand grübelt, ob das wohl gut gehen wird: Der TÜV war zufrieden, seit Freitag haben wir wieder eine Plakette!

Viele Grüße
Heike

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Mandalo
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Re: Wohnwagenreparatur

Beitragvon Mandalo » Mo 21. Mai 2018, 07:13

Heike hat geschrieben:...seit Freitag haben wir wieder eine Plakette!...

Dieses mal habe ich gerechnet, nämlich damit! :D Ist doch super!
Mit nichts ist man großzügiger als mit gutem Rat!
Es grüßt euch Dieter

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RudiHB
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Re: Wohnwagenreparatur

Beitragvon RudiHB » Mo 21. Mai 2018, 08:04

Guten Morgen Heike,

so sind "mal eben" 2000 Euro (bzw. wahrscheinlich mehr) gespart. Ich finde sowas richtig klasse. Die Plakette ist wieder dran und für das eingesparte Reparaturgeld kann man entspannt die ein oder andere Reise planen. Alles richtig gemacht!
Viele Grüße
Rudi
_________________________________________________________________________________________________
Ich hab schon ganz andere Sachen in den Sand gesetzt...

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Mario
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Re: Wohnwagenreparatur

Beitragvon Mario » Mo 21. Mai 2018, 10:37

Hallo Heike
Seht gut gelöst, der Tischler hätte das bestimmt nicht besser hinbekommen und stabiler schon gar nicht!
Viel Spaß beim Rätseln ob nun Wein oder Werkzeug. :D Ich wüsste auf jeden Fall im Vorfeld schon wo das Gesparte landen würde. :mrgreen:

Viele Grüße, Mario!

RockinHorse

Re: Wohnwagenreparatur

Beitragvon RockinHorse » Mo 21. Mai 2018, 14:08

Hallo Heike,

ein wirklich schöner Beitrag und dafür verdienst du großen Beifall. Und das aus verschiedenen Blickwinkeln. Einmal, weil es dir gelungen ist, das Gefährt wieder TÜV-klar zu bekommen. Und wenn man nicht ständig nach neuen Dingen Ausschau hält, weil man mit den alten nicht mehr zufrieden ist, trägt das schon mal auf dem Konto der Nachhaltigkeit zu einem riesigen Plus bei. Eine besondere Anerkennung hast du dir verdient, weil du wieder einmal auf mehreren Gebieten in eine Männerdomäne eingedrungen bist, ohne gleich mit maschineller Power punkten zu wollen - dein Sachverstand, mit dem du die Reparatur bewältigt hast, ist bewundernswert.

Weiterhin noch einen frohen Restfeiertag.

Bobbl
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Re: Wohnwagenreparatur

Beitragvon Bobbl » Mo 21. Mai 2018, 19:51

Hallo Heike,

schön, dass du deine Reparatur hier zeigst und sehr schön repariert. Für mich als Wohnwagenbesitzer ist das sehr interessant.

Sei froh, dass du keine Feuchtigkeit im Boden hattest. Da habe ich schon ganz andere vergammelte Wohnwagenaufbauten gesehen. Wir selbst hatten bei unserem alten Wohnmobil einen großen Wasserschaden am Alkoven. Das habe ich mir nicht getraut selbst zu reparieren und wir haben das Womo deshalb mit entsprechendem Verlust verkauft :( .

Mich wundert es nur etwas, dass dein TÜV-Prüfer wegen sowas die Plakette verweigert. Ich war der Meinung, dass nur Mängel, die für den Straßenverkehr relevant sind zur Verweigerung der Plakette führen können. Ob du am Campingplatz durch den Boden deines Wohnwagens brichst, kann dem Prüfer eigentlich egal sein. Aber das hilft dir auch nicht weiter, wenn er dir die Plakette einfach nicht geben will.

Schönen Sonntag,
Christoph


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