Umgang mit Farben, Lacken und Ölen

Benutzeravatar
Sebastian
Beiträge: 483
Registriert: Mi 14. Dez 2016, 15:04
Wohnort: Dußlingen

Umgang mit Farben, Lacken und Ölen

Beitragvon Sebastian » Fr 18. Jun 2021, 09:56

Ein Thema das auf Interesse stößt, ist der Umgang mit Farben, Lacke und Ölen. Hier waren zwei Fragen erstmal gestellt.
  • Die Einstufung der Dämpfe sowie der Schutz davor und
  • Die Entsorgung, speziell auch auf den Brandschutz bei Ölen

Am Anfang steht, wie immer, die Informationssammlung. Der Hersteller muß bei allen Gefahrstoffen ein Sicherheitsdatenblatt '(SDB) zur Verfügung stellen. Dieses enthält eigentlich alle Infromationen die wir benötigen. Der Aufbau eines SDB ist vorgegeben... Wikipedia.

Im Abschnitt 2 Werden die Gefahreneinstufungen angegeben. Hier findet Ihr sowohl die vergebenen Gefahrenpiktogramme sowie die Eingestuften H und P Sätze (hazard und precautionary also Gefährdung und Vorsichtsmaßnahmen, früher R und S ... Risiko- und Sicherheitssätze).
In Abschnitt 3 gibt es dann die für die Einstufung relevanten Stoffe mit grober Teilmengenangabe.
Abschnitt 4 ist Wichtig ... Erste Hilfe Maßnahmen
Im Abschnitt 8 findet Ihr die vom Hersteller vorgesehene PSA, also welche Handschuhe, welcher Atemschutz ect.
Entsorgung findet Ihr in Abschnitt 13.

Soviel zur Theorie, als nächstes würde ich in die Praxis gehen.
live long and prosper
Sebastian

Benutzeravatar
Sebastian
Beiträge: 483
Registriert: Mi 14. Dez 2016, 15:04
Wohnort: Dußlingen

Re: Umgang mit Farben, Lacken und Ölen

Beitragvon Sebastian » Fr 2. Jul 2021, 09:38

Ich habe von einem Objektöl (Livos, Kunos Objektöl 242), das ich verwendet habe, mal ein SDB angefordert. Geht eigentlich ganz leicht, einfach den Hersteller anschreiben. Da die Rechte an dem Dokument bei Livos liegen werde ich es hier nicht einstellen, bei Interesse einfach bei Livos anfragen.

Was fällt hier auf:
Der H Satz 304: Kann beim Verschlucken und Eindringen in die Atemwege tödlich sein. Erläuterung bei REACH. Das Gefährliche ist hier meist, nicht immer, das Erbrechen. Denn durch die Magensäure ist i.d.R. das Gemisch dann nochmals gefährlicher für die Lunge. Daher ganz Wichtig: In der Werkstatt haben Lebensmittelgefäße nichts verloren. :!: Das gehört sowieso zur Standardhygiene in der Werkstatt. Wenn was zu Trinken oder zu Essen benötigt wird, bitte Außerhalb. Schließlich gibt es auch Hölzer, die giftig sind (Robinie) oder andere Substanzen die nicht in den Körper gelangen sollten. Und diese, z.b. deren Stäube, wären dann im Getränk oder im Essen. Anbieten tun sich meines Erachtens gut Leergebinde von Ölen, Wachsen und Lacken.

Achtung bei manchen Holzölen von denen ich die SDB im Internet gefunden habe (z.B. Bondex UV Öl farblos) tauchen auch die H Sätze H317 "Kann allergische Hautreaktionen verursachen" und H361 "Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen" auf. Wenn Ihr keine Alternative zu dem Produkt habt müsst Ihr euch sehr gut überlegen, wie ihr es einsetzt und welche Schutzmaßnahmen notwendig sind. Interessant ist dass dies ein stark gewässergefährdendes Mittel ist, das für den Aussenbereich gedacht ist. :?

Abschnitt 5.2 weißt auf die Selbstentzündung von Lappen hin und gibt Empfehlungen wie diese verhindert, bzw. eingedämmt werden kann.
Kleiner Ausflug: Die Selbstentzündung ist ja aufgrund der Verharzung von Ölen. Hier werden die ungesättigten Fettsäuren, C=C Doppelbindungen, in einer Reaktion mit Sauerstoff vernetzt. Diese Reaktion ist Exotherm, sprich es wird Wärme frei. Kann diese Wärme gut abgeführt werden oder die Reaktion läuft langsamer ab, z.B. im Holz, ist dies kein Problem. In einem Lappen oder Schwamm, der ein guter thermischer Isolator ist führt dies aber zur Anstauung von Wärme. Wenn man jetzt in Abschnitt 9: Physikalische Eigenschaften nachschaut, liegt der Flammpunkt für dieses Produkt bei >61°C und eine Zündtemperatur von >200°C. Bei ausreichender Sauerstoffzufuhr ist dies in einem Schwamm leicht erreichbar. Daher ist es gut, in einem Abgeschlossenen Gefäß die Lappen zu lagern, dies schneidet den Sauerstoff von der Reaktion ab.

Weniger gut in dem SDB ist die Aussage zum Hautschutz. Speziell die Aussage: "Es wird empfohlen, die Chemikalienbeständigkeit der oben
genannten Schutzhandschuhe für spezielle Anwendungen mit dem Handschuhhersteller abzuklären
" halte ich generell für schwierig, denn die Praxis lehrt dass dies nicht passiert. Leider machen falsche Handschuhe mehr Schaden an der Haut, da durch das Schwitzten die Haut aufweicht und zugänglicher für die durch den Handschuh diffundierenden Stoffe wird.

Zum Atemschutz bzw. dem Schutz vor den Dämpfen steht nur "Bei unzureichender Belüftung Atemschutz tragen". Auch dass ist sich herausreden, da der geeignete Atemschutz nicht genannt wird. Für die gängigen Öle und Lacke wäre das ein A2 Filter. Unzureichende Belüftung muss leider gemessen werden. Beim Spritzen von Lacken wird das ganze noch Aufwändiger, da zusätzlich zum Atemschutz der Explosionsschutz eine Rolle spielen kann, je nach Lacksystem.

Ich werde mich noch Schlau machen, ob beim "normalen" Ölen mit Lappen, Schwamm, Pinsel oder Rolle eine Grenzwertüberschreitung zu erwarten ist.
live long and prosper
Sebastian

Benutzeravatar
Klaus
Beiträge: 6448
Registriert: So 3. Jul 2016, 13:39
Wohnort: Wohmbrechts (Bayern)

Re: Umgang mit Farben, Lacken und Ölen

Beitragvon Klaus » Fr 2. Jul 2021, 16:58

Hallo Sebastian,

vielen Dank für die wie immer sehr fundierten Hinweise. Bei Clou kann man die (meisten?) SDB einfach als PDF runter laden, ist sehr praktisch.Stichwort "Clou Sicherheitsdatenblatt", Beispiel https://www.clou-shop.eu/files/SDB_Univ ... k_9200.pdf

Das geht sicher bei vielen anderen Herstellern auch und räumt wieder eine Ausrede aus dem Weg ;)

Gruss, Klaus

Benutzeravatar
Sebastian
Beiträge: 483
Registriert: Mi 14. Dez 2016, 15:04
Wohnort: Dußlingen

Re: Umgang mit Farben, Lacken und Ölen

Beitragvon Sebastian » Fr 2. Jul 2021, 21:10

Hallo Klaus

Danke für den Hinweis, die Clou SDBs sind mir auch aufgefallen. Allerdings erst nachdem ich den ganzen Text fertig hatte und bedenken wegen des Urheberrechts bekommen habe. :?
Der verlinkte Lack ist ja übel, die ganzen Isothiazolinone, das sind Konservierungsmittel die in vielen Reinigern und auch Kosmetika verwendet werden, sind Allergenisierend und sollten eigentlich gemieden werden.
Schade finde ich auch, das der Hauptstoff nicht aufgeführt wird. Das ist bei dem Livos SDB anders. Dennoch können aus allen SDB wertvolle Informationen gezogen werden.

VG, Sebastian
live long and prosper
Sebastian

oldtimer
Beiträge: 8323
Registriert: Do 30. Jun 2016, 16:29

Re: Umgang mit Farben, Lacken und Ölen

Beitragvon oldtimer » Fr 2. Jul 2021, 23:28

Klaus hat geschrieben: Bei Clou kann man die (meisten?) SDB einfach als PDF runter laden, ist sehr praktisch.Stichwort "Clou Sicherheitsdatenblatt", Beispiel https://www.clou-shop.eu/files/SDB_Univ ... k_9200.pdf

Das geht sicher bei vielen anderen Herstellern auch und räumt wieder eine Ausrede aus dem Weg ;)

Gruss, Klaus


Hallo Klaus,

bei den von mir verwendeten Farben von Clou und CWS , Jansen, Alligator sind sie auch aufgeführt, dazu meist noch das Nachaltigkeitdingens. Persönlich reicht und interessiert mich da nur das technische Merkblatt (,dann noch meine Maske und die gute Durchlüftung meiner Werkräume).

Gruß
Volker

Benutzeravatar
Klaus
Beiträge: 6448
Registriert: So 3. Jul 2016, 13:39
Wohnort: Wohmbrechts (Bayern)

Re: Umgang mit Farben, Lacken und Ölen

Beitragvon Klaus » Sa 3. Jul 2021, 11:08

Hallo Sebastian,

Sebastian hat geschrieben:Der verlinkte Lack ist ja übel, die ganzen Isothiazolinone, das sind Konservierungsmittel die in vielen Reinigern und auch Kosmetika verwendet werden, sind Allergenisierend und sollten eigentlich gemieden werden.


ich bin zwar chemisch sehr affin aber um die Inhaltsstoffe zu bewerten reicht mein Wissen bei weitem nicht aus. Zudem bin ich als Bayer recht resistent gegenüber allem möglichem was allergisch macht :mrgreen: Lack wird - sofern es ein künstlich hergestellter ist - immer problematisch in dieser Beziehung sein. Aber auch tote Läuse sind ja nicht ganz ohne ... und auch diverse Öle sind in dieser Beziehung keine Wundermittel (z.B. mit Orangenöl). Wenn ich also nicht ausschliesslich reines Leinöl ohne Sikkative verwenden will, muss ich wohl in den sauren Apfel beissen. Wichtiger ist mir sowieso, wie es nach der Trocknung oder Verharzung aussieht. Während der Verarbeitung kann ich mich schützen - auch Dank Deiner Hinweise hier.

Deshalb klar - Handschuhe und gute Lüftung beim Verarbeiten sind Pflicht. Die Belastung der Atemluft ist aber mit einem Lösungsmittellack nicht zu vergleichen. Und ich kann hinterher alles mit Wasser reinigen, spare also auch hier die anderen Lösungsmittel ein.

@Volker: klar - das Produktmerkblatt wird immer als erste Informationsquelle genutzt. Aber auch das Sicherheitsblatt liefert viele interessante Hinweise.

Benutzeravatar
Lasto
Beiträge: 340
Registriert: Di 1. Dez 2020, 16:06

Re: Umgang mit Farben, Lacken und Ölen

Beitragvon Lasto » Di 6. Jul 2021, 10:36

Sebastian hat geschrieben:Abschnitt 5.2 weißt auf die Selbstentzündung von Lappen hin und gibt Empfehlungen wie diese verhindert, bzw. eingedämmt werden kann.
Kleiner Ausflug: Die Selbstentzündung ist ja aufgrund der Verharzung von Ölen. Hier werden die ungesättigten Fettsäuren, C=C Doppelbindungen, in einer Reaktion mit Sauerstoff vernetzt. Diese Reaktion ist Exotherm, sprich es wird Wärme frei. Kann diese Wärme gut abgeführt werden oder die Reaktion läuft langsamer ab, z.B. im Holz, ist dies kein Problem. In einem Lappen oder Schwamm, der ein guter thermischer Isolator ist führt dies aber zur Anstauung von Wärme. Wenn man jetzt in Abschnitt 9: Physikalische Eigenschaften nachschaut, liegt der Flammpunkt für dieses Produkt bei >61°C und eine Zündtemperatur von >200°C. Bei ausreichender Sauerstoffzufuhr ist dies in einem Schwamm leicht erreichbar. Daher ist es gut, in einem Abgeschlossenen Gefäß die Lappen zu lagern, dies schneidet den Sauerstoff von der Reaktion ab.


Danke Dir für Deinen mal wieder aussergewöhnlich informativen Text und die Mühe, die Du Dir gemacht hast.
Aber noch eine Frage zur Entsorgung: Nun habe ich meinen Lappen/Schwamm in ein abgeschlossenes Gefäß verfrachtet, aber was nun? Wie entsorge ich das ganze nun korrekt?
Viele Grüße

Andreas

Benutzeravatar
Sebastian
Beiträge: 483
Registriert: Mi 14. Dez 2016, 15:04
Wohnort: Dußlingen

Re: Umgang mit Farben, Lacken und Ölen

Beitragvon Sebastian » Di 6. Jul 2021, 13:06

Lasto hat geschrieben:Danke Dir für Deinen mal wieder aussergewöhnlich informativen Text und die Mühe, die Du Dir gemacht hast.
Aber noch eine Frage zur Entsorgung: Nun habe ich meinen Lappen/Schwamm in ein abgeschlossenes Gefäß verfrachtet, aber was nun? Wie entsorge ich das ganze nun korrekt?

Das sagt das SDB leider nicht Direkt :roll:

Einzig:
Entsorgung ungereinigter Verpackung und empfohlene Reinigungsmittel
Mit reichlich Wasser abwaschen. Vollständig entleerte Verpackungen können einer Verwertung
zugeführt werden.


Daher meine Empfehlung: Lappen, Schwamm, Rolle ... mit Wasser und Spülmittel auswaschen und dann Patschnass in den Restmüll :!:
live long and prosper
Sebastian

Benutzeravatar
Klaus
Beiträge: 6448
Registriert: So 3. Jul 2016, 13:39
Wohnort: Wohmbrechts (Bayern)

Re: Umgang mit Farben, Lacken und Ölen

Beitragvon Klaus » Di 6. Jul 2021, 22:09

Lasto hat geschrieben:
Sebastian hat geschrieben:Aber noch eine Frage zur Entsorgung: Nun habe ich meinen Lappen/Schwamm in ein abgeschlossenes Gefäß verfrachtet, aber was nun? Wie entsorge ich das ganze nun korrekt?


Entweder wie Sebastian schreibt, in den Restmüll oder gerade bei Resten in den Farbdosen zum Wertstoffhof. Dort werden die gesondert gesammelt und fachgerecht (hoffe ich zumindest) entsorgt.

Gruss, Klaus

Benutzeravatar
Lasto
Beiträge: 340
Registriert: Di 1. Dez 2020, 16:06

Re: Umgang mit Farben, Lacken und Ölen

Beitragvon Lasto » Mi 7. Jul 2021, 07:57

Klaus hat geschrieben:
Lasto hat geschrieben:
Sebastian hat geschrieben:Aber noch eine Frage zur Entsorgung: Nun habe ich meinen Lappen/Schwamm in ein abgeschlossenes Gefäß verfrachtet, aber was nun? Wie entsorge ich das ganze nun korrekt?


Entweder wie Sebastian schreibt, in den Restmüll oder gerade bei Resten in den Farbdosen zum Wertstoffhof. Dort werden die gesondert gesammelt und fachgerecht (hoffe ich zumindest) entsorgt.

Gruss, Klaus


Alte Lacke etc entsorge ich immer über den Wertstoffhof. Das sammle ich erst mal ein wenig bei mir und dann wird es gesammelt weg gefahren.

Mir gings halt gerade um so Sachen wie die Lappen/Rollen, die man z.B. für Leinölfirnis nutzt. Da kommt ja bei einer größeren Fläche schon einiges zusammen, wenn man nach dem ersten Antrocknen dann die überreste abwischt.
Aber ich werde diese in Zukunft wässern und in Plastiktüten luftdicht verschliessen und im Restmüll entsorgen, das sollte dann passen.
Viele Grüße

Andreas


Zurück zu „Tipps zur Arbeitssicherheit“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste