the_black_tie_diyer hat geschrieben:Hallo Volker,
vielen Dank für die ausführliche Abhandlung zum Thema lackieren mit Acryllack!
Gibt es eigentlich eine "Faustformel" wie lange man einen solchen Lack, einmal angebrochen, lagern/weiterverwenden kann?
Bringt es tatsächlich etwas angebrochene Dosen auf den Kopf zu stellen (Luft-Ab/Ausschluss)?
Viele Grüße und besten Dank,
Oliver
Hallo Oliver,
der "Umdrehtrick" bewirkt nur, dass die eingeschlossene Luft die Farbe dort erhärtet, wo sie einen nicht ärgert, wenn man das Gefäß nach dem Umdrehen wieder eröffnet (nämlich am Boden). Die eingeschlossene Luft macht die Farbe hart, ob nun oben oder unten eingeschlossen.
Ansonsten je nach Lagerung sollten geöffnete Gebinde je nach Füllstand in der Dose in einen kleineren Behälter umgefüllt werden (bei einem 2,5 Liter-Pott, der Dreiviertel leer lackiert wurde, ist nach knapp 14 Tage eine Haut auf der Oberfläche).
Bei Acryllack kann man vor dem längerfristigen Einlagern (länger als 4 Wochen, in der Regel schaue ich alle drei Monate auf die Reste, die langfristig verbleiben) destilliertes Wasser auf die Oberfläche geben (so, dass die Farbe mit knapp 2mm Wasser bedeckt ist) und dann den Deckel gut verschließen. Hat man eine Unwucht in den Deckel (oder den Rand der Dose) beim Öffnen gezaubert, so kann man das mit Klebeband um den Deckel kleben nach dem Verschließen beheben. Vor der Weiternutzung dann öffnen, aufrühren und gut ist.
Beim Einlagern von Alkydharzlack (auch Dickschichtlasur) das gleiche Spiel, hier benetze ich die Oberfläche mit Terpentin.
Zum Thema "Glas" als Abfüllobjekt: Farbe in ein Glas abzufüllen ist kein Problem. Allerdings sollte die Farbe dann in einer dunklen Umgebung aufbewahrt werden. Direkte Sonneneinstrahlung z.B. verringert (auch bei Markenprodukten) unter Umständen die Farbechtheit oder beschleunigt eine Trocknung im Glas. Eine Lagerung bei 14 bis 19 Grad ist ideal.
Mal von der Farbe abgesehen, ist das mit der Farbe gestrichene Objekt u.U. nach ein- bis eineinhalb Jahren gar nicht so ohne weiteres nachbesser- oder streichbar. Lackierte und lasierte Fläche kann man eh nicht punktuell ausbessern (ist extrem sichtbar, weil eine weitere Schicht aufgebracht wird) und eventuelle Farbunterschiede sind auch definitiv nicht auszuschließen. Bei Außenanwendung noch mehr als drinnen.
Im Innenbereich kommen die Faktoren "Heizungsnutzung", "Kamin", "Sonneneinstrahlung" und auch Farbqualitäten zum Tragen. Auch "Fogging" habe ich bei einem Freund schon beheben müssen (das hochwertige Laminat und die kunststoffbeschichteten Möbel konnten nicht mit den Bindemitteln der "hochwertigen" Wandfarbe).
Insgeheim sollte man beim Einkauf den Verbrauch relativ eintaxieren und nicht 8 Liter gemischte Wandfarbe oder 1,5 Liter Lack übrig haben. Ansonsten lässt sich für künftige Projekte aus Wandfarbe auch gut Grundierung für herstellen (auf 5 Liter Wandfarbe einen Liter lösemittelfreien Tiefgrund). Ohne Grundierung wird man die Tapete nicht mehr abbekommen.
Volker hat hier schon perfekt den Umgang mit Acryllack gezeigt. Ich finde das ebenfalls klasse, mir das anschauen zu können. Ob ich nun vom Fach bin, spielt dabei keine Rolle. Es führen viele Wege nach Rom und bei den extremen Variationsmöglichkeiten (welches Material mit welcher Grundierung und welchem Lack kombinierbar, regionale Anbieter, neue Farbentwicklungen usw.usf.) ist der Blick auf den gut gedeckten Tisch des Nachbarn in keiner Form ein Neidblick, sondern eher ein respektvolles "Jau" mit Daumen-hoch!