Die Frage: "Welcher Gehörschutz ist denn der Richtige für mich?" kann nur mit vielen Gegenfragen beantwortet werden.
- Vor was willst du dich denn Schützen?
- Wie lange Trägst du ihn?
- Wie ist die Arbeitsumgebung (Temperatur, Luftfeuchtigkeit)?
- Ist dir Kommunikation wichtig?
- Mit oder ohne (Schutz-)Brille bzw. Schutzmaske?
- Willst du sonstige Features?
- Wieviel soll es kosten?
Es gibt ja eine große Variation von verschiedenen Gehörschutztypen wie:
- Vor Gebrauch zu formende Gehörschutzstöpsel
- Fertig geformte Gehörschutzstöpsel
- Bügelstöpsel
- Kapselgehörschützer
- Gehörschutz-Otoplastiken
Aber, der Reihe nach:
1. Vor was willst du dich Schützen?
Lärm ist nicht gleich Lärm. Den Schalldruckpegel haben wir ja schon kennengelernt, aber das ist die Summe dessen was an verschiedenen Frequenzen emittiert wird. Außerdem ist es wichtig zu wissen, ob vor Dauerschall oder Impulsschall (Knall) geschützt werden soll. Verschiedene Verfahren werden in der DGUV Information 112-194 im Anhang 2 Beschrieben. Man benötigt aber immer "Messwerte" mit A und C Charakteristik. Hierzu gehen für uns auch die Angaben in der Anleitung.
Grob gesprochen, gibt der Dämmwert auf den Gehörschützern den Wert an den man mit dem Gehörschutz von dem Messwert abziehen kann. Dies ist allerdings ein idealisierter Wert, für den es praxisnahe Korrekturwerte gibt.
Am besten ist das nutzen der IFA Software zur Auswahl von Gehörschutz. Hier wird einem der größte Teil des Rechnens abgenommen und es werden auch Praxisannahmen gemacht, z.B. die Korrekturwerte zu den jeweiligen Gehörschutztypen.
Wichtig ist aber zu wissen, dass hier als Ziel steht, den Schalldruckpegel im Ohr unter 80 dB(A) zu drücken. Vor allem, um Kommunikation und das Wahrnehmen von Warngeräuschen zuzulassen. Hier spricht der Arbeitsschutz von Überprotektion wenn am Ohr 70 db(A) unterschritten wird. Im privaten Sektor müsst Ihr das selbst wissen, was ihr möchtet. Ich persönlich habe auch schon, um im Homeoffice konzentriert arbeiten zu können (meine Tochter kreischt manchmal gerne


2. Wie lange trägst du Ihn? und: Wie ist die Arbeitsumgebung?
Die Fragen Zielen direkt auf den Gehörschutztyp ab. Wer dem Gehörschutz immer nur kurzzeitig an der Maschine Trägt, z.B. beim Sägen, der ist sicher mit einem Kapselgehörschutz oder mit Bügelstöpsel am besten versorgt. In heißer Umgebung bzw. bei hoher Luftfeuchtigkeit ist der Tragekomfort von Kapselgehörschützern sehr gering, speziell bei langer Tragezeit wie z.B. beim Schleifen eines Projekts.
Auch das Bügelmaterial von Kapselgehörschützern ist nicht für jede Arbeitsumgebung geeignet. Kunststoff und Metallbügel haben für die verschiedenen Temperaturbereiche vor- und Nachteile.
3. Wieviel soll es kosten?
Die Preis/Leistungssieger sind definitiv die Kapselgehörschützer. Bei allen Stöpseln kommt es darauf an ob diese als einmal Gehörschutz gedacht sind, diese sind langfristig Teuer, weil nach jedem Rausnehmen sie eigentlich in den Müll gehören, oder auch mehrfach Nutzbar, also waschbar, sind.
Am Teuersten sind sicherlich die Otoplastiken, aber aus eigener Erfahrung auch die mit dem Besten Tragegefühl.
4. Ist Kommunikation wichtig?
Wenn der Küchenmeister des Hauses zum Essen ruft, kann dies auch zu einer Gefährdung führen, wenn man diesen nicht hört!

Spaß beiseite, wann ist Kommunikation wichtig? Wenn z.B. jemand von außerhalb der Werkstatt etwas von einem will oder wenn insgesammt mehrere Personen im Raum sind. Auch zur Kommunikation zählt für mich das Wahrnehmen von Störgeräuschen (Maschine spinnt) oder Warnsignalen (Feueralarm) aber auch das Lokalisieren von Geräuschquellen. Hier können die Otoplastiken eine Stärke ausspielen, da es diese mit Kommunikationsfiltern gibt. Diese sind so gestaltet, dass die Dämpfung über alle Frequenzen ziemlich gleichmäßig sind und so z.B. Sprache sehr gut verstanden werden kann. Diese Filter habe ich in meinen Otoplastiken und kann sie nur Empfehlen wenn es auf Sprache ankommt.
Kapselgehörschutz kann dies auch leisten, jedoch ist dies hier in Form einer Elektronik realisiert. Im Prinzip ist dies dann ein Kopfhörer in einem Kapselgehörschutz, mit Mikrophon das die Außengeräusche an den Kopfhörer weitergibt. Die Elektronik schält ab wenn es zu Laut wird. Auch kann Sprache gefiltert werden und somit verständlicher werden. Elektronisch ist hier viel möglich wie z.B. eine Kopplung mit anderen Geräten (Telefon, Sprechfunk, Radio). Ob dies auch mit angepassten In-Ear Kopfhörern (also Otoplastik mit Lautsprecher) genauso geht, entzieht sich meiner Kenntnis.
5. Willst du sonstige Features?
Ich denke das ist fast mit dem vorherigen Punkt erschlagen. Es gibt dann noch das Optische, also soll der Gehörschutz eine bestimmte Farbe haben oder Glitzer oder ggf. nicht zu sehen sein. Die Frage nach solche individuellen Wünsche können nur über mit einer gründlichen Marktsichtung beantwortet werden.
6. Mit oder ohne (Schutz-) Brille bzw. Schutzmaske?
Wenn Brille oder Schutzmaske getragen werden muss sind die Kapselgehörschützer sehr im Nachteil. Die Brillenbügel bzw. das Maskenband verringern, wenn sie zwischen Kapsel und Kopf laufen, die Wirksamkeit enorm. Dies ist leider nicht quantifizierbar, da es stark auf die individuelle Konstellation ankommt. Einen Ausweg für das Tragen von "Augenschutz" und Gehörschutz gibt es, dies sind integrierte Systeme die Augenschutz und Gehörschutz in einem haben, z.B. Forstarbeiter Helme. Allerdings ist es schon seltsam damit in der eigenen Werkstatt herumzulaufen, wenn man nicht Gefahr läuft sich den Kopf anzuhauen.

So. Was könnt ihr mitnehmen? Die Auswahl des richtigen Gehörschutzes ist nicht trivial. Was ihr auf jeden Fall wissen müsst, ist der Schalldruckpegel vor dem ihr euch schützen wollt. Hierfür reicht die Herstellerangabe erstmal aus. Der Gehörschutz sollte euch auf mindestens 75 dB(A) runter bringen (Subtraktion). Mit diesen Werten könnt Ihr einkaufen gehen. Meine Empfehlung, zumindest bei Kapseln, Ausprobieren. Ich persönlich bin mit meiner Mischung aus Otoplastiken (Kommunikationsfilter, SNR 24 dB(A) ) und den Peltor X4A Kapseln (SNR 33 dB(A) ) sehr zufrieden.
Ich hoffe der Ausflug in den Lärmschutz hat euch gefallen und auch ein paar Fragen beantwortet bzw. durch neue ersetzt


Literatur: