vergangenen Montag und Dienstag war ich mit dem HolzWerken-Leserseminar beim Elektrowerkzeug-Hersteller Mafell (mafell.de) und möchte euch gerne ein bisschen davon berichten. Die Bilder sind nicht die besten, da sie einerseits nur mit der Handy-Kamera geschossen sind, und ich zudem versucht habe, die Personen nicht (deutlich) erkennbar zu machen (im Grunde hat zwar jeder sein Einverständnis gegeben, in der HolzWerken abgebildet zu werden, mehr aber nicht).
Mitte des Jahres konnte man sich als Abonnent der Zeitschrift HolzWerken (holzwerken.net) für dieses Leserseminar anmelden, aus über einhundert Anmeldungen wurden 12 Teilnehmer ausgelost - einer davon ich.

Tag 1
Um 10 Uhr ging es los im Mafell Schulungszentrum in Oberndorf am Neckar. Das liegt in Schwaben, was auch der Grund ist, dass die Firma im Grunde "Maffl" heißt - und nicht wie offiziell vorgesehen "Ma-Fell" (aus MAschinenfarbrik FEllbach). Nach einer kurzes Begrüßung durch Christian, den freien Mitarbeiter der HolzWerken, kam eine Begrüßung und Vorstellung der Firmenhistorie. Mafell wurde 1899 gegründet und 1826 wurde dort der erste tragbare Kettenstemmer für Zimmerleute hergestellt (dieser Maschinentyp wird heute noch von Mafell hergestellt). Der einzige Produktions-Standort ist Oberndorf, vor Ort sind nur ca. 300 Mitarbeiter beschäftigt, vom eigenen Maschinenbauer bis zu den Büroangestellten, darunter ca. 10% Azubis (in der Produktion sogar mit eigener Lehrwerkstatt). Die eigene Fertigungstiefe von Mafell beträgt ca. 80%, wobei nicht nur Mafell-Teile hergestellt werden, sondern z.B. auch Motoren und Werkzeug für andere Firmen.
Die Einführung war insgesamt recht knapp gehalten, dann wurden wir auch schon Jens, einem Mitarbeiter aus der Anwendungstechnik überlassen. Dieser führte uns sehr locker, aber auch mit unglaublich viel Detailwissen und auch der ein oder anderen Anekdote aus Entwicklung, Fertigung oder Vertrieb am folgenden Nachmittag und Morgen durch die Produkt-Welt von Mafell.
Eine Vorstellungsrunde der Teilnehmer zeigte schnell, dass diese von nah und fern angereist (von Hamburg bis Winterthur in der Schweiz) und auch von ihrem beruflichen Hintergrund bunt durchgemischt waren (vom Anwalt über den Biologen, Maurer, Polizist oder Softwareentwickler bis zum Schreiner). Beinahe schon erwartungsgemäß war ich die einzige Teilnehmerin. Uns allen gemein war natürlich der Hang zum Holzwerken in der ein oder anderen Art.
Bei einem leckeren Mittagessen in der Mafell-Kantine wurde daher auch schon etwas gefachsimpelt, dann ging es endlich ans Werkzeug, das übersichtlich im Schulungsraum aufgebaut war. Anfassen war natürlich erlaubt.
Die Präzisions-Stichsäge P1 cc hat uns erst einmal ziemlich lange in ihren Bann geschlagen. Natürlich war beim Vorführen auch etwas Marketing mit dabei, doch wir durften auch selbst ausprobieren und die Ergebnisse haben für sich gesprochen. Unglaublich, wie präzise man mit einer Stichsäge Kreise mit absolut rechtwinkligen Kanten aussägen kann - und das auch noch ausrissfrei.
Das reicht von Kreisen mit wirklich kleinem Durchmesser (mithilfe eines Zentrierpins in der Bodenplatte), wie z.B. für die Elektroinstallation...
... bis zu großen Kreisen mit dem Kreiszirkel.
Demonstration mit und ohne Ausriss:
Geradeaus sägen kann sie natürlich auch - und zwar tatsächlich gerade (nicht wie viele günstige Stichsägen mit seitlichem Drift), und mit dem richtigen Blatt auch durch wirklich dicke Balken wie durch Butter - ebenfalls absolut präzise im rechten Winkel.
In einzelne Bauteile durften wir auch ins Innenleben hinein blicken, so dass die ausgeklügelte und überaus robuste Technik verständlich wurde. Der Preis mag für "eine Stichsäge" zwar hoch erscheinen, aber für diese Stichsäge (insbesondere auch in Anbetracht ihrer Fertigung - davon später mehr) ist er es am Ende nicht mehr - insbesondere wenn man sie oft einsetzen möchte.
Spannend wäre natürlich der direkte Vergleich mit anderen Herstellern gewesen, aber bei Mafell gabs natürlich nur Mafell (mein Vergleich ist nur eine grüne Bosch, gegen die wohl jede etwas bessere Stichsäge ankommt, aber würde ich des Öfteren eine Stichsäge benötigen, dann käme die Mafell nun auf jeden Fall mit in die engere Wahl).
Danach ging es zur Tauchsäge MT 55cc. Vorritzfunktion, geschlossene Haube zur besseren Staubabsaugung, absolut unkomplizierter Sägeblattwechsel (die ganze Haube wird einfach nach vorne geklappt) und das spezielle Schwenksystem für Winkelschnitte können durchaus überzeugen. In den Details ist diese Maschine wirklich innovativ und natürlich absolut präzise und hochwertig, anwendungstechnisch sind die Mitbewerber aber vermutlich nicht viel schlechter (vielleicht kommt mir das aber auch nur so vor, weil ich Tauchsägen per se nicht so spannend finde).
Interessanter fand ich da schon das Mafell Schienensystem. Nicht nur, dass so gut wie alle Mafell-Geräte auf diesen Schienen geführt werden können, das Verbinden von zwei Schienen ist auch deutlich einfacher und genauer als bei anderen Systemen. Das geht sogar so weit, dass man aufgrund der erlaubten Toleranzen mit zwei verbundenen 160er Schienen genauer arbeiten kann als mit einer langen 310er!
Wiederum sehr innovativ ist auch das Aerofix-System für die Führungsschienen. Dabei werden diese durch einen durch den Staubsauger erzeugten Unterdruck am Werkstück fixiert (der Sauger-Anschluss wird danach natürlich zum Werkzeug umgeleitet, so dass man die Absaugung wie gehabt nutzen kann). Das funktioniert wirklich prima und ist entweder unter der Schiene angebracht, so dass man sich die Fixier-Schraubzwingen sparen kann, oder auf der Schiene, so dass man diese z.B. auf dem Boden nutzen kann. Entwickelt wurde das ganze System (wie fast alles bei Mafell) für den Zimmermann/Schreiner auf der Baustelle, der einfach nicht die Zeit/Lust hat, Zwingen zu fixieren. Trotzdem finde ich es auch fürs Holzwerken sehr interessant - bei mir passen z.B. oft keine Zwingen zwischen Werkstück und Tisch, da wäre so ein Ansaugen schon praktisch (auch wenn es natürlich wieder seinen Preis hat).
Leider habe ich kein Bild vom Aerofix gemacht, auf der Mafell-Seite oder im Netz gibt es aber genügend.
Anschließend folgte ein Blick auf eher exotische Werkzeuge, die für den Hobby-Holzwerker nicht ganz so relevant, aber trotzdem mal interessant zu erleben sind. Das war zunächst die Plattensäge. Diese ist mobil, so dass sogar auf einer Baustelle ganze Platten von einer einzelnen Person zugesägt werden können. Die Bedienung erfolgt an einem Steuerpult, mit dem die Säge auf der Schiene vor und zurück bewegt wird. Ein bisschen wie eine Modelleisenbahn. Sehr interessant waren dabei auch wieder die Details, wie z.B. eine Abdeckung des Absaugkanals in der Schiene, die je nach Position der Säge mit ausgerollt wird, oder der automatische Sägestopp wenn die Schiene unvorhergesehen endet.
Auch die Multifräse wurde für die Baustelle entwickelt, weniger für den traditionellen Schreiner/Zimmermann, sondern z.B. für Trockenbauer. Die Multifräse sieht aus wie eine dicke Tauchsäge und statt Sägeblätter werden Fräser eingelegt. Somit kann man Nuten und Profile fräsen, durch die es ganz einfach wird mit Gipskarton Ecken und Kanten abzudecken (weil diese dann entsprechend gefaltet werden können). Holz ginge natürlich auch, aber als Fräse zum Rückwand-Nut-Fräsen wäre sie mir dann auch wieder zu teuer.

Der erste Tag Produkt-Schulung war damit beendet, der Tag an sich allerdings noch nicht. Erst einmal ging es kurz in unser Hotel ein paar Dörfer weiter. Lange ausruhen war jedoch nicht drin, denn für den Abend war noch eine Brauerei-Führung bei der Privat-Brauerei Alpirsbacher angesetzt. Dort erhielten wir einen Einblick in das Brauereihandwerk und natürlich gab es am Ende auch die Möglichkeit, die ein oder andere Sorte zu probieren.
Und auch dann war der Abend noch nicht zu Ende, denn Bier ersetzt bekanntlich in Bayern eine Mahlzeit, bei den Schwaben reicht es aber nicht. So wurden wir noch in ein italienisches Restaurant ausgeführt, in dem es nicht nur überaus leckeres Essen, sondern auch den ein oder anderen Schwank aus der schwäbischen Elektrowerkzeug-Hersteller-Szene und natürlich regen Austausch zwischen den Holzwerkern gab.
Tag 2
Auch wenn der erste Tag spät endete, um 8:00 Uhr ging es am nächsten schon im Mafell Schulungszentrum weiter. Die Handkreissägen und vor allem auch die unterschiedlichen Kapp-Schienen-Sägen standen als erstes auf dem Programm. Wieder konnten wir uns von den Details und Besonderheiten überzeugen (z.B. präzise Kapp-Schnitte mit einer mobilen Säge, flexible Führungsschiene oder die Tauchfunktion entlang zweier Führungssäulen) und natürlich auch wieder selbst sägen. Sehr beeindruckt hat mich hier die kleine KSS400/36V - Akkusäge, die sich ohne jegliche Kraftanstrengung durch eine dicke Arbeitspatte oder ein Stück Hartholz sägt (auf dem Bild ist zwar Jens von Mafell zu sehen, aber ich habe den Kraftaufwand auch selbst getestet). Außerdem ist sie extrem klein und handlich - und mit 40mm Schnitttiefe zumindest für mich auch eine echte Alternative zu einer großen Tauchsäge für alle, die sowieso keine dicken Bohlen sägen - und insbesondere alle, die sich immer über diese unhandlichen Handwerker-Hände-Griffe/Größen aufregen (so wie ich

Anschließend wurden die Erikas näher betrachtet, genauer die Erika 85Ec, die vermutlich die Maschine ist, welche die meisten Holzwerker mit Mafell verbinden. Deswegen werde ich auch nicht viel dazu schreiben, die gängigen Vorteile sind vermutlich bekannt (oder lassen sich auf der Mafell-Webseite nachlesen).
Leider ist mir die Erika etwas unscharf geworden (obwohl es wirklich eine scharfe Maschine ist!).
Was ich vorher noch nie gesehen hatte waren die kleineren Versionen der Erika, 70 und 60 im Vergleich. Auch diese lassen sich rundum mit Zubehör ausstatten und passen trotzdem noch in den kleinsten Holzwerker-Keller (wofür die 85er meines Erachtens schon zu groß ist).
Die kleine 60er:
Bevor ich auf die Werksführung eingehe noch einige Impressionen aus dem Schulungsraum:
Die richtig, richtig, richtig großen Zimmerei-Handkreissägen.
Kettenstämmer und Handbandsägen (auch für das Zimmerei-Gewerk).
Handkreissägen und Kappschienensägen:
Bei der Werksführung durfte man keine Fotos machen und in die Produktentwicklung konnten wir natürlich nicht. Alles andere wird jedoch sehr offen gehandhabt. Wir haben zum Beispiel auch viele Teile gesehen, die Mafell für andere, teilweise Mitbewerber fertigt (etwa die Bosch Tauchsäge oder einen Schleifer für Hilti). Begonnen haben wir an der Lehrwerkstatt - ein wirklich großes Areal mit allerhand Maschinen, an denen die Auszubildenden ihren Beruf lernen. Anschließend konnten wir einen Blick von Hinten auf das Lager werfen, in dem drei Roboter durch hohe Regalgassen fahren und Teile, die durch die entsprechenden Mitarbeiter vor den Regalen angefordert werden, heraussuchen.
Die einzelnen Stationen der Entstehung eines Cuprex-Motors haben wir etwas genauer angeschaut. Auch wenn ich (natürlich) nicht alles im Detail verstanden habe, wie so ein Motor gewickelt wird ist schon beeindruckend. Die Arbeitsgänge selbst werden natürlich vorwiegend von großen Maschinen erledigt, aber an jeder Station ist ein Mitarbeiter, der anschließen die Teile prüft - und zwar jedes einzelne! Z.B. wird bei jedem fertig gewickelten Motor der Rundlauf getestet und jeder Motor bekommt anschließend ganz individuelle Fräsungen, um den perfekten Rundlauf zu gewährleisten (jeder Motor ist also ein absolutes Unikat).
Auch an der Station für die Bearbeitung der Druckgussteile steht z.B. nach dem Roboter ein Mitarbeiter, der auch die letzten Ecken nochmal mit einer Sprühpistole nachbehandelt (ich weiß gerade nicht mehr wie der Vorgang genau heißt, aber die Teile sind durch eine große Wagner-Farbsprüh-Kabine transportiert worden). Hier haben wir auch gelernt, dass die Bosch TKS zwar von Mafell gefertigt wird, dabei aber nicht nur die kleinen, innovativen Details fehlen, sondern auch die zugelieferten Materialien unterschiedlich sind (die Grundplatte z.B. aus einem Werk in China stammt).
Nach einem kurzen Blick in die Stanzerei und auf die großen Maschienen, die selbst Kleinstteile entgraten, ging es vorbei an der Prüfstelle. Hier werden mangelhafte Teile untersucht, gegebenenfalls nochmal bearbeitet oder eben aussortiert (und dann später recycled). Durch die Waren-Eingangskontrolle (auch die zugelieferten Teile werden auf ihre Qualität geprüft) ging es nochmal an der Vorderseite des Lagers vorbei und dann in den Bereich, in dem die Maschienen zusammen gesetzt werden. Für jeden Typ gibt es eine kleine Fertigungsstraße, an der ein Mitarbeiter Stück für Stück die Maschiene von Hand zusammensetzt und anschließend rundum testet (Hochspannungstest, Präzisionstests, Lauftest, ...).
Dann war der Rundgang auch schon beendet. Besonders beeindruckt hat mich, dass bei Mafell nicht nur Stichproben, sondern jedes Einzelteil ständig auf Qualität und Präzision überprüft wird - und das nicht nur maschinell, sondern von Mitarbeitern. Überhaupt wird noch sehr viel von Hand gemacht. Mafell versteht sich daher auch weniger als Elektrowerkzeug-Hersteller, sondern mehr als Elektrowerkzeug-Manufaktur. Diese Qualität, made in Germany, und in vergleichsweise geringer Stückzahl hat natürlich am Ende auch ihren Preis.
Nach dem Mittagessen, wieder in der Mafell-Kantine, und einer kurzen Abschiedsrunde war das Leserseminar dann leider auch schon zu Ende. Mir haben die beiden Tage wirklich ausnamslos gut gefallen. Es gab einen detaillierten Einblick in die Werkzeuge und was man mit ihnen alles anstellen kann, viele Hintergrundinformationen, warum die Werkzeuge so sind, wie sie sind, ein bisschen "Insider"-Klatsch über die Branche (natürlich durchaus mit etwas Spott insbesondere zu Festool, aber nie abwertend oder beleidigend), eine sehr interessante Werksführung, sehr nette Mafell-Mitarbeiter und Mit-Holzwerker. Die Organisation und Verpflegung war auch super und dafür, dass wir 'nur' interssierte Hobby-Holzweker waren, wurde wirklich an nichts gespart.
Wer die Gelegenheit zu so einem Firmen-Einblick hat (zum Beispiel voraussichtlich auch nächstes Jahr wieder mit HolzWerken), dem kann ich nur empfehlen, mitzumachen!
Viele Grüße,
Jana
Dieser durch und durch positive Bericht wurde übrigens - leider - nicht gesponsert. Meine KSS (für die ich schon länger am sparen bin) muss ich mir leider zum ganz regulären Preis selbst kaufen, ebenso die Verlängerung meines HolzWerken-Abos.
